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Goldenes Handwerk

Wie es bei einigen Rebsortenfamilien der Fall ist, gibt es auch von den Burgundern eine Spielart mit bronzefarbener Beerenhaut. Der »graue« Burgunder erfreut sich unverminderter Beliebtheit. Und ist stilistisch vielfältiger denn je.

ls die Blindprobe vorüber war, sprudelten die Kommentare aus den Mitgliedern des Falstaff-Verkostungspanels nur so heraus, und sie gingen alle in dieselbe Richtung: »So unterschiedliche Weine, ein so breites Spektrum an Weinstilen hatten wir bei einer und derselben Rebsorte noch nie im Glas.« Der Grauburgunder ist ein Chamäleon – und das nicht nur der Farbpalette wegen, die von blassen Farben über Strohgelb mit rötlich spielenden Reflexen und über ein mehr oder weniger helles Goldgelb bis zu Lachsrosa und Ziegelrot reicht.

Äls ähnlich variabel erwiesen sich auch die Gaumenstrukturen: Zu den Stellschrauben, an denen die Winzer momentan am liebsten drehen, zählt die Frage des Maischekontakts. Werden die Trauben sofort abgepresst, wird der Wein eher hell in der Farbe und geschmeidig am Gaumen ohne größere Gerbstoffgehalte. Bleibt die Maische vor dem Pressen etwas stehen oder lässt man gar die Gärung an der Maische geschehen, dann werden natürlich sukzessive mehr und mehr Farb- und Gerbstoffe aus den Beerenschalen gelöst: Der Wein wird rötlicher und phenolischer. Eine zweite Dimension, die den Stil des Grauburgunders prägt, ist das Leseregime. Je mehr goldfarbenen Anteil die Weinfarbe hat, desto mehr kann man davon ausgehen, dass auch überreife Trauben im Spiel waren. Das ist ein Spiel mit dem Feuer: In den Siebziger- und Achtzigerjahren, als der Grauburgunder noch als » Ruländer« etikettiert wurde, waren die mit Botrytisanteil gekelterten Weine für ihre plumpe Art gefürchtet. Wer aber das Spiel beherrscht wie Familie Schneider aus Endingen, schafft würzige, dichte Wein-Originale mit Seltenheitswert.

Reinhold Schneider ist übrigens nie von der Bezeichnung »Ruländer« abgewichen, so werden die Weine auch heute noch bezeichnet. Punktgleich mit seinem Ruländer »Floh« waren nach Feinwertung und Stechen zwei weitere große Archetypen: der bissige, phenolische Henkenberg von Konrad Salwey aus Oberrotweil und der Öligkeit und Extraktsüße mit Stoff verbindende Wein des Weinguts Bernhart aus Schweigen/Pfalz.